Das Automobil deckt verschiedene widersprüchliche aber grundlegende Bedürfnisse des Fahrers ab: Das Bedürfnis nach Geborgenheit, nach Daheim- und Aufgehobensein aber auch den Wunsch die Welt zu erfahren, Neues zu entdecken, vorwärts zu kommen. Auch die Gefühle kommen dabei nicht zu kurz: Beim Steuern pendelt man zwischen Sicherheit und Mut zum Risiko, vornehmer Zurückhaltung und Galanterie gegenüber aggressivem Vorwärtspreschen und Überholen. Man ist beim Autofahren einerseits Teil einer Masse, andererseits pflegt und lebt man die individuelle Konkurrenz zu den andern. Die Regeln sind im Grossen und Ganzen klar, die Verständigung zwischen den Verkehrsteilnehmern festgelegt auf bestimmte Umgangs- und Verhaltensformen. Jeder spielt seinen Part im Spiel und kommt zum Zug, wenn er dran ist.
Für den Lenker ist der Genuss etwas grösser als für die Mitfahrende, obschon sich letztere entspannt zurücklehnt, wenn sie ihrem Fahrer vertraut. Der Steuernde hat aber das Fahrzeug im Griff, in seiner Macht, er ist handlungsfähig, selbst- und handlungsmächtig. Daher fühlt er sich nicht ausgeliefert, auch Ängste, die im risikoreichen Verkehr zum Teil begründet sind, werden dadurch in Schach gehalten. Die Mitfahrende ist dagegen ganz ausgeliefert, die dadurch entstehenden Ängste kann sie nicht durch das Gefühl des Agieren-Könnens mindern, sondern nur durch Vertrauen in die Fähigkeiten und das Verhalten ihres Lenkers.
Dank des Autos fühlt sich der oder die Fahrende grösser und stärker. Man kommt weiter, ist schneller, das ist der Prothesencharakter des Fahrzeugs. Die Fahrenden übersteigen sich selbst und das mühelos, Göttern gleich. Dabei kann man erst noch telefonieren, essen, Witze machen oder Musik hören.
Das Automobil, das scheinbar sich selbst, ohne äussere Hilfe, wie z. B. die Kutsche mittels Pferden, sich vorantreibende, weist zusätzlich starken Fetisch-Charakter auf: Form, Farbe, Felgen, Profil und Kühlerfigur, das traditionelle Markenzeichen, verweisen auf etwas Höheres und Besseres, als man selber ist, als auch dieses konkrete Fahrzeug selber ist. Der Glück und Macht bringende Talisman, aber auch beschützendes und unsere konkurrierende Feinde abwehrendes Amulett, verbindendes Totemzeichen zu natürlich-übernatürlichen, nicht von Menschenhand geschaffenen Mächten. Anbetungsgegenstand einer eigenen Religion, von der es seine Bedeutung bezieht. Quasi lebendiges Subjekt.
Der grossräumige Kombi verweist auf den Status als Familienoberhaupt, ein beladenes Auto auf Geschäftigkeit, der Sportwagen – neben der Fetischfunktion – auf die Sportlichkeit des Fahrers. Das Kleinauto bescheinigt die bescheidene und ökologische Gesinnung, die vornehme Karosse die soziale Stellung als Manager oder Politiker und so fort.
Neben all diesen Eigenschaften kommt dem Personenwagen auch ein gewisser Gebrauchswert zu, für den Transport von Einkäufen, Waren und Personen, für die Verteilung von Konsumgütern und Dienstleistungen, für den Geschäftspendelverkehr und für Freizeit- und Ferienindustrie.
Vom hier besprochenen Privatmobil sind abzugrenzen all die Arten von Geschäfts-, Liefer- und Lastwagen, Busse und Spezialfahrzeuge, für die der Gebrauchswert viel grösser ist und oben Gesagtes etwas weniger zutrifft (obschon vieles bei diesen Fahrzeugen ebenfalls eine Rolle spielt).